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Notwehr § Rechtsgrundlage, Überschreitung & mehr

Die Notwehr als Verteidigung gegen einen Angriff ist in Österreich im Strafgesetzbuch geregelt und definiert. Dabei wird immer die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit in den Vordergrund gestellt, wodurch im Einzelfall auch eine Körperverletzung oder eine Notwehr mit Todesfolge straffrei bleiben können. In diesem Beitrag tragen wir alles Wissenswerte zu diesem Thema zusammen und beantworten dabei die wichtigsten Fragen.
Ein Beitrag der:
Strafrecht24-Redaktion
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Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Rechtsgrundlage zur Notwehr

Die Notwehr ist in § 3 des Strafgesetzbuches (StGB) beschrieben und geregelt. Demnach ist es erlaubt, sich in einer Form zu verteidigen, „die notwendig ist, um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen von sich oder einem anderen abzuwehren”. Eine Notwehrsituation ist deshalb immer dann gegeben, wenn durch einen unmittelbaren oder direkt drohenden Angriff auf ein entsprechendes Rechtsgut eine Verteidigung notwendig wird. Man versteht unter diesem Begriff “Angriff” im juristischen Sinne jedes menschliche Verhalten, das eine Verletzung von Rechtsgütern befürchten lässt. Jedoch ist eine gerechtfertigte Notwehr immer nur die notwendige Verteidigung. Dabei ist eine Handlung nicht verhältnismäßig, wenn eindeutig dem Angegriffenen nur ein geringer Nachteil droht und die Schwere der Abwehr unangemessen ist.

Voraussetzungen für eine Notwehr

Nicht jede Handlung wird gemäß § 3 des Strafgesetzbuches (StGB) straffrei bleiben, denn generell müssen für das Vorliegen einer Notwehr drei verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. So ist es beispielsweise unerlässlich, dass eine sogenannte Notwehrlage vorliegt, also ein gegenwärtiger Angriff auf die entsprechenden gesetzlich festgelegten Rechtsgüter stattfindet. Neben einer solchen Situation braucht es zudem auch eine entsprechende Notwehrhandlung, die im Verhältnis zur Gefahr stehen muss, sowie den sogenannten Verteidigungswillen. Zusammenfassend gibt es also folgende drei Voraussetzungen für eine Notwehr, die anschließend näher erläutert werden:

  • Notwehrlage
  • Notwehrhandlung
  • Verteidigungswille
§ 3 Strafgesetzbuch (StGB)
Nicht rechtswidrig handelt, wer sich nur der Verteidigung bedient, die notwendig ist, um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen von sich oder einem anderen abzuwehren. Die Handlung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, daß dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil droht und die Verteidigung, insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers, unangemessen ist.

Die Notwehrlage

Eine Notwehrlage wird immer dann ausgelöst, wenn ein Angriff auf ein schützenswertes Rechtsgut stattfindet oder droht. Dabei muss es sich um einen aktiven Angriff auf einen Menschen handeln (z. B. Faustschlag) und der Angriff muss außerdem rechtswidrig sein. Keine Notwehrsituation liegt jedoch vor, wenn der Angegriffene es unterlässt, der Situation auszuweichen, obwohl es ihm möglich gewesen wäre. Ferner zählt es auch nicht als Notwehr, wenn der Angegriffene die Situation selbst provoziert hat, indem er z. B. die andere Person zu der Konfrontation herausgefordert hat (z. B. durch eine Ohrfeige). In Ausnahmefällen kann auch ein Dritter die Notwehr in Form einer Nothilfe wahrnehmen, wenn z.B. jemand körperlich angegriffen wurde und sich nicht selbst wehren kann. Hierbei spricht man von einer Situation des Notstands, der ein solches Eingreifen Dritter rechtfertigt.

Die Notwehrhandlung und der Verteidigungswille

Bei der Notwehrhandlung gilt der Maßstab der Verhältnismäßigkeit. Dies bedeutet, dass sich eine Notwehr immer auf eine notwendige Verteidigung beschränken muss. Dabei darf dann ein Angreifer auch nur insofern beeinträchtigt werden, wie es notwendig ist, um den Angriff abzuwehren und die Notwehrhandlung muss die letzte Möglichkeit der Verteidigung sein. Der Angreifer darf also nur so weit beeinträchtigt werden, wie es zur Abwehr notwendig ist. Deshalb kann man nur eine Verteidigung als notwendig bezeichnen, die das schonendste Mittel diesbezüglich darstellt. Dabei müssen die Form und Intensität des Angriffes, die Gefährlichkeit des Angreifers und die zur Abwehr zur Verfügung stehenden Mittel Berücksichtigung finden. Der Verteidigungswille bezeichnet im Gegensatz dazu immer den Willen des Angegriffenen, den Angriff abzuwehren. Dabei wird dieser subjektive Rechtfertigungsgrund bei der Notwehr immer unterstellt.

Überschreitung der Notwehr

Wenn die Grenzen des Selbstschutzes in einer entsprechenden Situation nicht eingehalten werden, dann spricht man im rechtlichen Kontext von einem sogenannten Notwehrexzess. Ein solcher liegt beispielsweise dann vor, wenn man den Angreifer mit einem Messer schwer verletzt, obwohl man von diesem lediglich eine Ohrfeige erhalten hat. Da bei einer solchen Überschreitung die individuelle Lage berücksichtigt wird, unterscheidet man bei einem Notwehrexzess zwischen folgenden Szenarien, die im folgenden näher beschrieben werden:

  • Furcht, Bestürzung, Schrecken
  • Zorn, Empörung, Wut
  • Notwehrvorwand
  • Putativnotwehr
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Szenarien eines Notwehrexzesses

Für den Fall, dass ein Notwehrexzess aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken erfolgt, kann eine Person nicht aufgrund der Vorsätzlichkeit der Tat bestraft werden. Allerdings ist eine Strafe wegen einer fahrlässigen Begehung möglich, wenn die fahrlässige Begehung des Delikts strafbar ist (z. B. Körperverletzung). Außerdem ist auch eine Strafbarkeit gegeben, wenn man dem Verursacher vorwerfen kann, dass er die Notwendigkeit oder Angemessenheit der Verteidigungshandlung verkannt hat. Erfolgt die Überschreitung jedoch aus einem unkontrollierten Zorn, einer Empörung oder Wut, muss ein Verursacher die Folgen der Handlung voll verantworten.

Die weiteren zwei Möglichkeiten für die Überschreitung der rechtlichen Grenzen im Zusammenhang mit einer Notwehr sind der sogenannte Notwehrvorwand und die Putativnotwehr. Ersterer ist immer dann gegeben, wenn man sich auf Notwehr beruft, obwohl gar keine Notwehrsituation gegeben war. Dabei kann es einerseits sein, dass eine Notwehrlage entweder gar nicht oder nicht mehr vorgelegen hat oder dass ein Exzess nicht aus Furcht oder Schrecken stattgefunden hat. In diesem Fall zieht die Notwehrhandlung dann die gesamten strafrechtlichen Konsequenzen nach sich. Von einer Putativnotwehr spricht man hingegen dann, wenn man irrtümlicherweise von einer solchen Situation ausgegangen ist. Deshalb kann man hierbei nicht wegen einer vorsätzlicher Tatbegehung bestraft werden, allerdings ist eine Ahndung wegen einer fahrlässigen Tatbegehung möglich.

Wie ein Anwalt bei Notwehr Ihnen helfen kann

Für den Fall, dass man selbst mit einer zweifelhaften Notwehrsituation konfrontiert ist und gegebenenfalls eine Anzeige erstatten will oder selbst eine erhalten hat, sollte man unbedingt die Beratung eines erfahrenen Anwalts für Strafrecht in Anspruch nehmen. Dieser kann mitunter die individuelle Situation analysieren und eine rechtlich sichere Einschätzung der Rechtslage vornehmen. Außerdem kann er für Sie auch Handlungsempfehlungen zur weiteren Vorgehensweise erarbeiten und dabei auch Verteidigungsstrategien bei einem vorliegenden strafbaren Notwehrexzess entwickeln. Opfer einer nicht gerechtfertigten Notwehrhandlung unterstützt er zum Beispiel dabei, Anzeige zu erstatten oder bei deren Verteidigung. Auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld hilft er geltendzumachen.

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FAQ: Notwehr

Damit eine Selbstverteidigung bei einem Angriff straffrei bleibt, müssen eine entsprechende Lage, Handlung und der Verteidigungswille vorliegen. Außerdem muss die Attacke auf die Verletzung eines gesetzlich festgelegten Rechtsgutes, wie beispielsweise auf die körperliche Unversehrtheit oder sogar das Leben, stattfinden.

Ein sogenannter Notwehrexzess liegt immer dann vor, wenn die Verteidigung über das notwendige Maß hinausgeht. Wenn also jemand eine andere Person mit einem Messer attackiert, obwohl diese ihm zuvor lediglich eine Ohrfeige verpasst hat, spricht man von einer Überschreitung der Notwehr.

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