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Untreue oder Veruntreuung – Worin liegt der Unterschied?

Richter Hammer liegt neben Euro Geldscheinen
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Untreue wird nach dem Strafgesetzbuch als Vermögensdelikt kategorisiert, das ähnlich wie andere Vermögensdelikte wie zB. Betrug, Erpressung, Veruntreuung oder Geldwäsche behandelt wird. In diesem Beitrag wollen wir alle wichtigen Fragen zum Tatbestand der Untreue beantworten und dabei auch eine Abgrenzung zur Veruntreuung darlegen.

Relevante Fragen sind z.B.: Was versteht man genau unter Untreue? Welche Strafe droht bei Untreue? Wann verjährt Untreue? Was ist der Unterschied zwischen Untreue und Veruntreuung?

  • Untreue ist im 153 StGB als Straftat deklariert und mit einem entsprechenden Strafmaß geregelt
  • Untreue setzt die erteilte Vollmacht einer Person voraus, die sie ermächtigt, über fremdes Vermögen zu verfügen
  • Der Straftatbestand der Untreue kann erst erfüllt sein, wenn neben der Verfügungsbefugnis auch ein willentlicher Missbrauch vorgenommen wurde und ein Vermögensschaden entstanden ist
  • Je nach Höhe des Vermögensschadens droht beim Tatbestand der Untreue eine bis zu 10-jährige Freiheitsstrafe
  • Untreue setzt im Gegensatz zur Veruntreuung eine rechtliche Befugnis zur Verfügung über fremdes Vermögen voraus. Bei der Veruntreuung reicht die Zueignung eines anvertrauten Gutes für den Straftatbestand aus.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Untreue im Strafrecht?

Eine strafbare Untreue liegt nach der Untreue DefinitionLegaldefinition vor, wenn eine Person bevollmächtigt wurde, über fremdes Vermögen zu verfügen oder andere dazu verpflichtet und diese Vollmacht bewusst missbraucht, indem die bevollmächtigte Person sich das anvertraute Gut mit dem Vorsatz zueignet, sich selbst oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern. 

Dabei entsteht dem InhaberEigentümer des Vermögens ein Vermögensschaden oder ein finanzieller Verlust. Deshalb kann ein Täter nurder Untreue also nur eine Person sein, wer mit einer solchendie mit dieser Vollmacht ausgestattet ist und diese wissentlich missbraucht.

Untreue durch Regelbruch

Tatbestandsmerkmal der Untreue ist der Missbrauch einer Rechtsvollmacht. Hierbei handelt es sich um ein bewusstes Zuwiderhandeln von Vereinbarungen , die ein Täter als bevollmächtigte Person von einer vollmachtgebenden Person (Opfer der Untreue) auferlegt bekommen hat. Dabei kann es sich sowohl um einen Regelverstoß in Bezug auf gesetzliche Regelungen, Regelungen einer Satzung von einer Gesellschaft oder eine individuelle Vereinbarung handeln.

Jedoch handelt es sich beim Tatbestand der Untreue iSd StGB  immer um Vereinbarungen, die für den Vermögensschutz der vollmachtgebenden Person aufgestellt wurden. Hingegen handelt es sich bei der Verletzung von Regeln, die für ein Ordnungsanliegen aufgestellt wurden oder die den Interessen von Dritten dienen, nicht um Untreue. 

Untreue durch Vollmachtmissbrauch und Vermögensschaden

Für den Tatbestand der Untreue iSd StGB muss neben einem Regelbruch auch ein bewusster Vollmachtmissbrauch vorliegen, bei dem dem Vollmachtgeber ein Vermögensschaden entsteht. Deshalb liegt z. B. ein Fall von Untreue vor, wenn ein bevollmächtigter Manager vom Unternehmenskonto entweder Geld für persönliche Zwecke abhebt oder Geld an Personen überweist, die darauf keinen Anspruch haben.

Eine Vollmacht, über fremdes Vermögen zu verfügen, kann ein Bevollmächtigter entweder durch ein Gesetz, durch behördlichen Auftrag oder durch ein Rechtsgeschäft erhalten (z. B. Geschäftsführervertrag).

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Was sagt das Gesetz zur Untreue?

Bei der Untreue handelt es sich im strafrechtlichen Sinne um ein Vermögensdelikt.

Geregelt ist die Untreue im § 153 Strafgesetzbuch Österreich:

Der Straftatbestand der Untreue ist nach § 153 StGB demnach an verschiedene Voraussetzungen gebunden, die sich in objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale unterteilen lassen.

Objektive Voraussetzungen für den Tatbestand der Untreue

Objektive Voraussetzungen für Untreue iSd StGB sind solche, die klar nachvollziehbar sind und nicht interpretierbar oder bewertbar sind. 

Dazu zählen insbesondere:

  • Die Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen:

Für den Tatbestand der Untreue muss eine rechtliche Vertretungsmacht vorliegen, die eine  Berechtigung zur Verfügung über ein Vermögen enthält.Deshalb können einfache faktische Handlungen ohne Vertretungsmacht keine Untreue sein, sondern ggf. Veruntreuung oder Diebstahl

Außerdem kann Untreue nur an einem fremden Vermögen stattfinden.  Handelt es sich um eigenes Vermögen, so sind andere rechtliche Regelungen zu beachten, wie z. B. § 159 StGB oder § 156 StGB zum Gläubigerschutz.

  • Der Missbrauch der Befugnis zur Vertretung:

Der Tatbestand der Untreue umfasst nur Verstöße, die im Rahmen der Vertretungsmacht getätigt werden. Für den Fall, dass das strafbare Handeln außerhalb der Vertretungsbefugnis stattfindet (ohne Vollmacht) liegt keine Untreue iSd StGB vor, sondern ggf. Betrug.

  • Schädigung des Vermögens des Vollmachtgebers:

Für den Tatbestand der Untreue muss ein realer Verlust an der Vermögenssubstanz entstanden sein. Liegt zusätzlich eine Bereicherung vor, so ist dies ein Erschwerungsgrund, jedoch nicht unbedingte Voraussetzung für den Straftatbestand der Untreue

Wird ein entstandener Schaden durch eine Rückzahlung wieder gut gemacht, so hebt dies den Tatbestand Untreue StGB nicht rückwirkend auf, sondern kann sich nur strafmildernd auswirken.

Ferner kann eine zivilrechtliche Anfechtung eines Geschäfts nicht den Straftatbestand der Untreue aufheben.

Subjektive Voraussetzungen für den Tatbestand der Untreue

Neben den objektiven Voraussetzungen braucht es auch noch das Vorliegen aller subjektiven Voraussetzungen für die Untreue iSd StGB. Diese sind oftmals nicht eindeutig belegbar und deshalb oftmals strittig, wenn es darum geht, Untreue beweisen zu können:

  • Wissentlicher Regelverstoß:

Untreue ist in Bezug auf Befugnismissbrauch auch nur dann gegeben, wenn interne  Regelungen (z.B. Compliance Regelungen, Satzung etc.) wissentlich missachtet werden. Deshalb ist rein fahrlässiges Handeln und auch ein Handeln mit nur einem bedingten Vorsatz nicht gem. § 153 StGB strafbar.

  • Der Vorsatz der Schädigung:

Hierfür ist es entscheidend, dass ein Täter bei seinem wissentlich missbräuchlichen Handeln sich bewusst ist und damit abfindet, dass die Vermögenswerte dabei verloren gehen oder dies zumindest ernsthaft als mögliche Konsequenz akzeptiert hat.

Problematik des Handlungsspielraums in Bezug auf Untreue iSd StGB

Grundsätzlich ist das Konzept des gesetzlichen Straftatbestandes der Untreue iSd StGB geschaffen worden, um das Vermögen des Vollmachtgebers zu schützen. Der Gesetzgeber schafft mit der Regelung eine Grenze zwischen dem risikobehafteten Handeln von Managern mit fremdem Vermögen und einem Missbrauch ihrer Befugnisse.

In der Rechtsprechung wurde jedoch insb. der Vermögensnachteil im Strafrecht teilweise extensiv ausgelegt und schnell als Compliance-Delikt eingestuft. Dabei hat sich eine zunehmende Verunsicherung für den eigenen Handlungsspielraum im Management entwickelt.

Für den Fall, dass unternehmerische Risiken zu vorsichtig bewertet werden, kann dies die Unternehmensentwicklung lähmen und letztendlich auch die Wirtschaft allgemein negativ beeinflussen, mit den entsprechenden volkswirtschaftlichen Konsequenzen. 

Untreue Beispiele aus der Praxis

In den folgenden Beispielen soll aufgezeigt werden, wo nach der Rechtsprechung ein zulässiger Handlungsspielraum von Entscheidern aufhört und der Straftatbestand der Untreue anfängt:

  • Zu billiger Verkauf von Ware durch Geschäftsführer
  • Abbuchen von Geld vom Firmenkonto für eigene Zwecke
  • Übertriebene Spenden und Repräsentationsaufwendungen durch einen Vorstand oder eine Geschäftsführung, die nicht mehr als verkehrsadäquat zu bezeichnen sind.
  • Gewährung von Darlehen von Unternehmen innerhalb einer Unternehmensgruppe zu nicht marktüblichen günstigen Konditionen (arm´s length principle, verdeckte Gewinnausschüttung)
  • Bewusstes verjähren lassen von Schadenersatzanforderungen
  • Akzeptanz unrichtig ausgestellter Rechnungen
  • Bestechung
  • Risiko- und Spekulationsgeschäfte

Die Festlegung des Untreue Maßstabs

Generell bietet die Untreue iSd StGB jedoch keinen verlässlichen Maßstab, ab wann ein rechtmäßiger Befugnisgebrauch zu einem Befugnismissbrauch wird. Deshalb müssen die konkreten Verhaltensregeln, die einen rechtmäßigen Befugnisgebrauch begrenzen, aus den anwendbaren Gesetzen, wie z. B. dem Aktiengesetz, Bankwesengesetz, oder aus den internen Richtlinien  der Unternehmung (Geschäftsordnung, Satzung etc.) abgeleitet werden. Dabei kann die Interpretation einer unternehmerischen Handlung in Bezug auf die Untreue eben auch sehr unterschiedlich sein.

Sind konkrete Regelungen in einem bestimmten Fall von Untreue nicht verfügbar, so wird ein Gericht auf eine allgemeine Regel aus dem ABGB zurückgreifen, nach der ein Vollmachthaber beim Ausüben seiner Befugnisse verpflichtet ist, einem Vertretenen einen größtmöglichen Nutzen zu verschaffen. Hierbei findet sich die Rechtsgrundlage in § 1009 und § 1013 ABGB oder auch z. B. in den Paragrafen 70, 84 und 99 AktienG. 

Welche Strafe bei Untreue? – das Strafmaß

Für Untreue   ist generell ein Strafmaß von bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagesätzen vorgesehen. Für den Fall, dass der durch die Tat entstandene Schaden über 5000 Euro liegt, ist eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren möglich. 

Ferner ist auch eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren möglich, wenn der Vermögensschaden einen Betrag von 300.00 Euro übersteigt.

Wann verjährt Untreue?

Im Strafrecht in Österreich wird bei einer  Verjährung zwischen Verfolgungsverjährung und einer Vollstreckungsverjährung unterschieden. Hierbei gilt, dass beim Eintreten einer  Verfolgungsverjährung die Strafbarkeit der Untreue erloschen ist. Hingegen darf bei einer Vollstreckungsverjährung die verhängte Strafe nicht mehr vollzogen werden.

Dabei wird bei der Frist für die Untreue Verjährung immer auf das maximale Strafmaß abgestellt, von dem eine Untreue Tat bedroht ist (Verfolgungsverjährung) oder  die Strafe, die bereits für eine solche Tat verhängt wurde (Vollstreckungsverjährung). Die Verjährungsfristen gestalten sich entsprechend wie folgt:

Verjährungsfristen der Verfolgungsverjährung

Verjährungsfrist Höchststrafe des Strafmaßes
20 Jahre Freiheitsstrafe mehr als 10 Jahre
10 Jahre Freiheitsstrafe 5–10 Jahre
5 Jahre Freiheitsstrafe 1–5 Jahr(e)
3 Jahre Freiheitsstrafe 6 Monate – 1 Jahr
1 Jahr Freiheitsstrafe bis 6 Monate oder Geldstrafe

Verjährungsfristen der Vollstreckbarkeitsverjährung

Verjährungsfrist Verhängte Strafe bzw. Art der Verfügung
keineLebenslange Freiheitsstrafe oder 10–20 Jahre oder Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder gefährliche Rückfallstäter
15 Jahre Freiheitsstrafe 1–10 Jahre
10 Jahre Freiheitsstrafe 3 Monate – 1 Jahr oder bei Geldstrafe unter Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als drei Monaten
5 Jahre in allen übrigen Fällen
1 Jahr Freiheitsstrafe bis 6 Monate oder Geldstrafe

Wie grenzt sich Untreue gem. § 153 gegen Veruntreuung gem. § 133 StGB ab?

Die Untreue iSd StGB bezieht sich auf den Missbrauch einer rechtlich bestimmten Verfügungsmacht. Hingegen bezieht sich die Veruntreuung auf körperliche Sachen, bei denen der Täter eine tatsächliche Verfügungsmöglichkeit ausgenutzt hat.

Dabei erfüllt eine Person den Tatbestand der Veruntreuung, wenn sie sich oder einem Dritten ein ihm anvertrautes Gut mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz zueignet. Hierbei ist ein Gut dann anvertraut (z.B. Einnahmen aus einer Veranstaltung), wenn es in den Alleingewahrsam eines Täters übergeben wurde, damit er es zu einem anderen Zeitpunkt entweder zurückgibt, an jemand anderen weitergibt oder für eine bestimmte Sache verwendet. 

Als Beispiel kann hier ein Kassenwart genannt werden, der die Einnahme aus einer Veranstaltung dafür verwendet, private Schulden zu begleichen.

Untreue hingegen setzt voraus, dass die rechtliche Befugnis erteilt wurde über ein fremdes Vermögen zu verfügen und dabei die Befugnis missbraucht und das Vermögen des Befugnisgebers geschädigt wurde. Dabei kann der Vermögensschaden sowohl aus einer Verminderung der Aktiva, einer Vermehrung der Passiva oder auch aus einem entgangenen Gewinn bestehen. 

Hierbei lässt sich als Beispiel ein Vorstandsmitglied einer Unternehmung anführen, das den Verkauf einer Unternehmensimmobilie an einen Bekannten unter Marktwert durchführt.

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